Grundsätzliches

11. Oktober 2024 · Thema: Radreisen

Beschäftigt man sich mit Radreisen – unabhängig davon, wie man das jetzt definiert – stößt man schnell auf drei Formen und ihre Vertreter: die Extremisten, die Abenteurer, die Pensionisten.

Die Extremisten sind jene Leute, die zum Beispiel quer durch die USA radeln oder durch die Sahara oder durch Afrika oder anderswo durch die halbe Welt. Oder jene Leute, die quasi nonstop von Köln nach Paris oder von München an den Gardasee fahren. Solche Langstreckenfahren erfreuen sich mittlerweile unter der Bezeichnung „Brevet“ wachsender Beliebtheit.

Die Abenteurer gehen auf längere Radtouren an den unterschiedlichsten Orten, fahren durch Georgien oder Frankreich – je nach Abenteuerlust – wobei eben die unbekannte Herausforderung das Verlockende ist und das Abenteuerliche den Reiz ausmacht.

Beide Gruppen fallen häufig unter die Kategorie der Bikepacker leben mit und von dem, was sie auf dem Rad mitnehmen können, fahren zwischen 80 und 150 Kilometer am Tag (oder mehr), schlafen meist im Zelt, um größtmögliche Unabhängigkeit und Freiheit zu genießen.

Und schließlich die Pensionisten – das meine ich jetzt nicht abwertend – als eine Kategorie von Radreisenden, bei denen der Genuss im Vordergrund steht, die Zeit, Muse und die finanziellen Mittel für gemütliche Mehrtagestouren haben. Sie fahren häufig mit E-Bikes, oft mit organisierten Reisegruppen, Hotelübernachtungen und Gepäcktransport inklusive, mit Tagesetappen von 40-80 Kilometern. Mittlerweile hat sich um diese Gruppe eine ganze Reise- und Tourismusindustrie entwickelt.

Die Merkmale, die diese drei Gruppen charakterisieren, überschneiden sich zum Teil. Ich selbst würde mich als eine Mischung allen drei Kategorien sehen. Ich fühle mich nicht als Extremist. Das hängt vielleicht damit zusammen, dass ich vom Lebensalter her in die dritte Gruppe falle, aber auch mit einer mir innewohnenden Vorsicht. Immerhin habe ich als Bergsteiger gelernt, dass das Extreme immer auch mit Gefahr verbunden ist.

Das Abenteuer – darunter verstehe ich das Verlassen der Komfortzone und das Einlassen auf Neues, Unbekanntes – übt jedoch auch auf mich einen entsprechenden Reiz aus. Für mich kann dabei jede Reise, die man als Individualist und jenseits des Pauschalangebots aus dem Reisebüro angeht, zu einen Abenteuer werden?

Am wenigsten allerdings sehe ich mich als Pensionist, auch wenn mein Alter etwas anderes nahelegt, alleine schon deswegen, weil mir Gruppen ein Gräuel sind, das gilt besonders für Reisegruppen. Die Annehmlichkeiten einer organisierten Radreise, also Hotelübernachtung mit Gepäcktransport, weiß ich allerdings wohl zu schätzen.

Außerdem bin ich weniger an Hochleistungen interessiert als am Erlebnis. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Radreisen eine besondere Faszination entfalten, wenn man sich darauf einlassen kann. Man ist schneller unterwegs als zu Fuß, das heißt, man legt größere Distanzen zurück und ist daher in Zeitplanung und Wegwahl flexibler. Wenn ich bei einer Wanderung einen Abstecher von vier Kilometern machen möchte, muss ich zwei Stunden Zeit für den Hin- und Rückweg einplanen, abgesehen davon, dass ich acht Kilometer latschen muss. Mit dem Rad kostet es mich kaum eine halbe Stunde.

Man ist mit dem Rad zwar langsamer als mit dem Auto, dafür ist man auf Strecken abseits der Hauptverkehrsrouten unterwegs und entdeckt dabei eine Ursprünglichkeit, die den Autoreisenden meist verborgen bleibt. Neben den sportlichen Aspekten – ja, auch ich sehe es durchaus mit Stolz, wenn ich eine gewisse Leistung erbringe – war es diese besondere Form des Reiseerlebnisses, die mich gemeinsam mit meiner Frau immer mehr in Richtung Radreisen getrieben hat.

Bikepacking ist in den letzten Jahren immer populärer geworden, entwickelte sich zu einem regelrechten Hype, der allerdings auch immer mehr Züge von Lifestile bekommt, ganz ähnlich den Entwicklungen, die im Bergsport seit etwa einem Jahrzehnt zu beobachten sind. Auf der Suche nach Lebenssinn und mit dem Anspruch auf nachhaltiges Natur- und Reiseerlebnis findet daher auch Bikepacking vermehrt Zuspruch. Daher heißen die Touren dann auch „Overnighter“ – Touren mit einer oder zwei Übernachtungen in Zelt oder Unterkunft – oder „Weekender“ – dieser Name spricht für sich selbst –, man macht eine Distance Rallye oder nimmt an Bikepacking Events teil. Na ja – ich halt mich an die alten Begriffe, gehe Radfahren oder mache eine Mehrtagestour.

Wozu dieser Blog?

Viele Radreisen unternehme ich mit meiner Frau Ulli, die eine ähnliche Sicht auf die Dinge hat wie ich – aber leider weniger Zeit. Mit diesem Blog möchte ich einen Teil der Erfahrungen und Erlebnisse, die mit meinen oder unseren Radreisen verbunden sind, auch öffentlich teilen. Zum einen soll damit gezeigt werden, welche Dinge auch für weniger geübte und untrainierte Radbegeisterte möglich sind, zum anderen soll eben das Erlebnis im Vordergrund stehen und nicht der sportliche Aspekt. Radfahren mit allen Sinnen also und mit für alle Erfahrungen, die einem unterwegs begegnen, offenen Augen und Ohren.

Die Touren, die hier beschreiben werden, sind nichts Besonderes, doch vielleicht ist gerade das Gewöhnliche, das Normale, das jeder genauso machen könnte, das Interessante. Es geht mir darum, mit meiner persönlichen Sicht der Dinge, meinem Zugang, das zu beschreiben, was mit unterwegs begegnet, und die Erfahrungen, die ich dabei mache. Dieser Blog soll daher gleichzeitig Erlebnisbericht, Reiseführer und Routenplan sein. Und wer weiß – vielleicht motivieren diese Darstellungen meiner und unserer Erlebnisse ja den einen oder anderen dazu, es mir/uns nachzutun.

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